Ein sehr inspirierender Talk

Als ich damals Ken Robinsons Talk auf Ted gehört habe: Do schools kill creativity

http://www.youtube.com/watch?v=iG9CE55wbtY

habe ich nur gedacht: „Oh der nächste Schulreformer will die nächste Lehrplanänderung ankurbeln“

 

Doch jetzt habe ich diesen Talk gefunden, von einem 13 jährigen Jungen, dessen Eltern damals Sir Ken Robinson hörten.

Und was haben sie als Reaktion darauf gemacht? Sie haben ihren Sohn aus der Schule genommen.

Und jetzt ein paar Jahre später hält er selbst einen Talk auf Ted. Wie cool ist das? Und er hat sich noch zusätzlich mit der Frage beschäftigt, wie man glücklich wird und was glücklich sein bedeutet.

Man muss sich diesen Kontrast vorstellen, hätten die Eltern ihn in der Schule gelassen. Er würde immer noch bedeutungslose Übungsaufgaben zu bedeutungslosen Fächern machen, deren Fragen schon längst alle 10.000 Male beantwortet wurden und die bedeutungslos für sein ganzes Leben sein würden. Korrigiert von bedeutungslosen Menschen, die grau in grau ihr Leben dort fristen um bedeutungslose Gehälter zu bekommen und sich einzureden etwas Gutes, etwas Soziales, etwas Wichtiges zu tun.

Weder er noch seine Mitschüler noch seine Lehrer hätten dort jemals irgendwas gemacht, was Impact gehabt hätte. Bedeutung. Und ich denke die Bedeutung ist es, was unserem Leben einem Sinn gibt und uns zu erfüllten Menschen macht. Und was den Unterschied macht, zwischen einem Leben das nicht gelebt wurde und einem Leben.

Natürlich finden noch die allermeisten Menschen ihre Bedeutung dann später in ihrem Leben, sei es in Arbeit, Beruf, sozialem Engagement… halt überall nur nicht in der … wie hieß sie noch mal? Vergessen… war wahrscheinlich bedeutungslos.

Ich denke diese Eltern haben ihrem Kind das größte Geschenk gemacht, sie sind gegen eine restriktive Gesellschaft aufgestanden, haben das Dogma hinterfragt und ihm zuallerletzt die Freiheit geschenkt. Und damit auch eine Chance seine Bedeutung früher zu finden… und nicht erst einen der schönsten Teile seines Lebens in der Bedeutungslosigkeit verwesen zu lassen. Was so eine Entscheidung und so ein Leben bedeutet kann man an diesem Jungen wirklich gut sehen:

http://www.youtube.com/watch?v=h11u3vtcpaY

 

 

Resume….

womit fängt man am besten an, nach so einer langen Pause?

Wahrscheinlich damit: Es geht mir gut. Nicht nur mir, sondern auch Chopper, Nami und Sanji.

Und die zweite große Sache ist wohl: „Nein!, sie gehen immer noch nicht zur Schule.“ Es bleibt weiterhin ihre Wahl. Auch nach so einer großen Krise haben sie ihre Wahlfreiheit nicht verloren.

Mein erstes Projekt in der echten Arbeitswelt habe ich jetzt hinter mich gebracht und ich war die Rekordzeit von einem Jahr und 5 Monaten dort.

Die erste Märzwoche hatte ich dann frei und da kamen die Kinder dann auch zu mir. Wir haben jetzt ein paritätisches Modell. Das bedeutet die Kinder kommen jede 2te Woche zu mir.

Ich habe es richtig genossen nicht mehr arbeiten zu müssen und mich voll auf die Kleinen konzentrieren zu können.

Die zweite Woche habe ich meine Angstbekämpfung wieder angepackt. Da bin ich am Montag direkt nach Stuttgart zum Flughafen gefahren und ins Flugzeug eingestiegen. Einmal München und zurück. Und meine Flugangst habe ich ziemlich fertig gemacht – obwohl mein Herz beim Hinflug während dem Boarding voll ausgetickt ist (aber ich kann es mittlerweile beruhigen). An Bord wurde mir dann oft schwindelig und ich hatte 3 oder 4 Mal das Gefühl in Ohnmacht zu fallen.

Aber der Rückflug ging schon ziemlich ohne (körperliche) Probleme. Natürlich bedarf es noch viel Arbeit bis ich damit nach Mauritius oder New York fliegen kann und ein gutes Gefühl dabei habe, aber es waren schon Anflüge  von Flugfreude da. Yay!!!!

Und was habe ich noch gemacht…??? Ah ja dann war wieder eine Woche mit den Kindern. Dieses Mal war ich schon mobiler (ich hatte mich im Februar wegen einem Leistenbruch operieren lassen) und wir konnten noch mehr unternehmen.

Und als sie wieder weg waren (schnief) bin ich wieder in den Zug und bin dieses mal meine nächste Angst angegangen: In irgendeine Stadt fahren und dann stundenlang dort Sightseeing machen. Und als Special-Bonus habe ich mir eine Stadt im „Ausland“ gesucht. Nämlich Basel (*grins*).

Wie es mit dem Unschooling läuft?? Eigentlich sehr gut. Ich gewinne immer mehr Vertrauen, dass Kinder auch später noch lesen lernen können und nicht schon mit 7 Jahren ran müssen (bei Nami).

Und ich sehe aber auch wie weit Chopper mittlerweile ist – der musste es noch ganz früh lernen, da hat mich der Ehrgeiz schon gepackt als er 4 war. Bei Romanen wie „Die 3 ???“ liest er schon 5 Kapitel am Stück und Sachbücher macht er 6 Seiten am Stück (da trainieren wir zur Zeit Lesetechniken).

Und natürlich suche ich ihm alle möglichen historischen Computerspiele heraus.

Er spielt schon Empire Earth und kann alle Epochen der Menschheitsgeschichte „by heart“. Als ich letztes Mal einen Roman über die Kelten vorgelesen habe, da konnte er sie sogar richtig einordnen – ich glaube es war Kupferzeit. Aber das hat mich beeindruckt 🙂

Dann spielt er Anno 1701 (späte Renaissance), Gilde (Mittelalter bis Renaissance), Glory of the Roman Empire (naja, die Römer halt), Anno 1401, usw… 

Wenn er jetzt noch ein neueres Civilization durchspielt dann kann ich ihm mal Victoria 2 geben. Da geht es um das komplette viktorianische Zeitalter, mit einer sehr beeindruckenden geschichtlichen und geographischen Recherche dahinter.

Er spielt nicht nur Strategie und Taktische Spiele, sondern hat im Team mit einem Mädchen auch ein Adventure durchgespielt (Ankh – das spielt im alten Ägypten, ist aber historisch nicht sehr korrekt – mehr ein Komik). Aber da haben sie wirklich trainiert nicht aufzugeben, sondern immer weiter zu versuchen, bis sie am Ende die Lösung hatten. Und als sie es dann geschafft haben, waren sie wirklich sehr stolz auf ihre Leistung.

Ich habe gehört, dass hier in der Nähe eine freie Schule ist, die Computer sehr stark ablehnen. Ich finde das sehr schade… auf der einen Seite verbrauchen solche Spiele natürlich sehr viel Zeit, auf der anderen Seite ist der Lerneffekt aber immens.

Chopper hat sich jetzt von den ganzen Büchern wie „Vorgeschichte“, „Antikes Rom“, „So lebten die Griechen“, „So lebten die Germanen, Ritter, …“ verabschiedet und liest gerade ein Buch über den 2.ten Weltkrieg (das hat er sich selbst ausgesucht).

Für die kleinen hatte ich dann mal Mama Muh und die Krähe ausgeliehen, aber da war ich so wenig begeistert davon (man musste Schneebälle auf eine Kuh oder eine Krähe werfen, oder einen Hang runterfahren), dass ich es zwei Tage später wieder zurück in die Bibliothek brachte.

Die müssen jetzt auch an die schwierigeren Spiele dran… 🙂 Sie dürfen sie zwar zweckentfremden, aber wenigsten lernen sie schon mal mit der komplexen Steuerung umzugehen.

Bei Real-Life Sachen haben wir jetzt mit Baseball angefangen. Und die Fahrräder alle Sommerfit gemacht. Und der Schwimmkurs ist wirklich super-fantastisch.

Ein Wermutstropfen hat das ganze Unschooler Dasein aber schon: Nami und Chopper hat eine super-Freundin hier. Tochter der Nachbarin, die selbst Lehrerin ist. Am Anfang schwärmte die Nachbarin davon, wie sehr ihrer Tochter die Schule gefalle und wie sehr sie sich jeden Tag darauf freut. Als dann aber die 2.te Klasse kam wollte die Tochter auf einmal nicht mehr hin und verwies auf Chopper und Nami. Jetzt hat die Nachbarin anscheinend ihrer Tochter den Kontakt verboten.

Das ist echt Schade. Nach der Erfahrung habe ich jetzt den Kindern erst mal vorgeschlagen, ob wir nicht ein bisschen hinter dem Berg halten mit dem „School-Sucks“-Coming out. Es ist ja auch schwierig für die Nachbarin ihrer Tochter zu verklickern, dass sie in die Schule muss, wenn andere das ja nicht müssen und dann auch noch nett und kein Stück ungebildet sind.

 

von 1000sunny Veröffentlicht in Allgemein

Zwischen Magnolienblättern

Zur Zeit gehe ich manchmal spät spazieren und genieße den Abend, die Luft – die das ganze Leben des neuen Jahres verspricht und berühre den Duft der Blüten die alle gleichzeitig zu kommen scheinen. Die viel früher zu kommen scheinen, so als könne dieser kurze und dunkle Winter gar nicht schnell genug vergessen werden können – und mit ihm der Schnee der sich in meine Seele brannte.

Und dann stehe ich zwischen den Magnolienbäumen… und diese Blätter voller Zartheit… und dieser intensive Duft berühren mich so tief und ich spüre ihre Schönheit mit allen Sinnen. Ein Wind kommt und um mich herum entfaltet sich ein rosa Blütenregen, der in all seiner Intensität und Schönheit schon seinen eigenen Tod ankündigt und dann ist Lily da.

Und immer kommt sie wieder. Und sagt „Hallo Daddy“. Ich gehe spazieren und verliere schon den Weg, bis ich auf einmal vor dem Trauerhilfeinstitut stehe. Und auf dem Weg zur Arbeit, oder beim Tanzkurs steht auf einmal die Dame vor mir, die mir erklärte, wie ich eine Trauerfeier leite. Und oft kommen sie einfach so, die Tränen… bei der Arbeit, vor dem Einschlafen. Ich weine nicht. Aber mir stehen die Tränen tief in den Augen, dass die Welt verschwimmt und irgendein Teil in mir weiterarbeitet während der Rest von mir einfach nur ist und fühlt und gar nichts sonst.

Und dann stehe ich wieder zwischen den Magnolienbäumen. In einem Regen aus Rosa und Weiß und dem zarten Duft und dieser unendlichen Schönheit, die doch so schnell endet. Und immer wieder wiederkommt.

 

 

und so weiter

Zur Zeit sehe ich die Kinder immer am Wochenende.. Ich würde sie zwar noch gerne unter der Woche sehen (wenigstens via Skype) aber das passt nicht zu den neuen Einschlafzeiten. Es ist schon heftig wie sehr sie mir fehlen – es ist wie ein großer Rosendorn, der in der Brust steckt. Nunja, ich nehme ihnen jetzt Videos von mir auf, dann können sie die zumindest anschauen wann sie wollen. Und das beruhigt mich dann auch schon ein bisschen, denn dann beschäftige ich mich ja jeden Tag mit ihnen… Und beim Abendessen am Samstag holen wir seit neuestem auch die Oma aus München via Skype dazu…. das ist eigentlich echt ganz lustig, da man sie auch leise stellen kann, wenn sie nervt 🙂

Ansonsten habe ich einen Super-WG-Mitbewohner und mein Handy verloren, hmmmm – wie passt denn das jetzt zusammen?

…grad geträumt

Ich war Pipi Langstrumpf und wir (Thomas, Annika, Herr Nilsson und das Pferd) lebten in einer großen Mühle tief im Wald. Ich glaube sogar die Mutter von Thomas und Annika lebten auch bei uns.

Eines Tages meinte dann Annika (oder war es ihre Mutter?), dass sie jetzt gehen würden – ich glaube sie wollten mit einer Rakete auf einen anderen Planeten oder so….. Nunja, ich war natürlich sehr traurig, baute mir dann aber eine Schaukel und meinte, dass ich hier warten würde.

 

….grad geträumt

Ich war bei meinem WG-Mitbewohner im Zimmer und wir haben im Google-Earth herumgesucht. Zuerst einmal hat er etwas eingegeben, was dann auch sofort kam und man hat es riesengroß und gut gesehen. Ich war sehr beeindruckt, wie es da, fast wie echt, riesengroß auf dem Bildschirm an der Wand thronte.

Danach habe ich gleich auch etwas eingetippt. „Krankenhaus“. Er las es erstaunt vor, aber ich zischte ihn ruhig. Aber google-Earth fand keines.

Danach tippte ich Geo ein… ich wollte eigentlich was anderes eintippen, oder weitertippen. Aber es kam nichts.

Auf einmal sah man eine riesengroße Brücke, irgendwo in den USA. Auf der Brücke waren nicht nur Autos, sondern irgendwie war es eine dieser Wasserbrücken, auf denen auch Schiffe waren. Ja und was für große Schiffe, richtig heftig große Schiffe und auch Flugzeuge. Und dann sah es auch so aus, als ob diese nicht auf der Brücke fuhren, sondern sie auf einem Brückenbelag, halb Wasser, halb Teer, halb Fließband gezogen wurden.

In diesem Moment merkte ich, dass wir schon gar nicht mehr im Zimmer meines Mitbewohners waren, sondern in einer Art Zug, und wir aus dem Fenster blickten. Und während wir das ganze bewunderten und uns der Fahrtwind ins Gesicht blies, wurde er immer schneller und schneller. Bis er auf einmal abhob.

Und schon flogen wir steil hinauf und sahen die Brücke immer kleiner werden, und unter uns war nur noch die Meeresenge, über die die Brücke führte. Es war wundervolles Wetter, doch der Sog zog mich hinaus und ich klammerte mich an das Fenster und er hielt mich fest, und mit vereinten Kräften zogen wir mich wieder hinein. Puuh! Das Flugzeug flog mittlerweile fast senkrecht nach oben; ich dachte nur, was passiert wäre, wenn ich da runtergestürzt wäre….

Und im selben Moment fiel ich aus dem Fenster, nach unten, Richtung Meer und spürte den Wind um mich herumpeitschen… und wachte auf. Im halbdunkel meines Zimmers standen aufgetürmt Umzugskisten, noch unausgepackt. Dann sah ich, erst Schemenhaft, zwei richtig große Spinnen, so etwa in Tarantelgröße und sie wurden immer deutlicher, jagten aus den Umzugskisten hervor und dann die Wände hoch….

und wachte auf. Dieses Mal richtig. Und jetzt fahr ich auch schon los 🙂

Auf den Schwingen der Krise

Eine echte Krise ist der tiefste Punkt unsere Lebens. Der Punkt an dem alles zusammenbricht. Ein Punkt in dem wir in einem tiefen Loch stecken und nur einen schwarzen Tunnel vor uns sehen, der steil nach oben geht.

Doch an diesem Oben sehen wir den Mond der scheint – und die Welt, alle Optionen und alle Möglichkeiten stehen uns offen. Alle Verpflichtungen und Freuden sind aufgelöst und wir können sie jetzt abweisen, annehmen oder verändern. In dem Moment der Krise sind wir die einzigen Meister unseres Lebens und alle Entscheidungen, alle Antworten können von uns neu gegeben werden.

In der Krise sehen wir all unseren Ängsten, Unsicherheiten und Schwächen ins Auge, wir stehen den Momenten gegenüber die uns unter Wasser drücken und keine Luft mehr zum atmen lassen. Wir sehen das Menschliche an uns so klar und unausweichlich. Denn wir sind mitten drinnen und es gibt kein Leugnen.

In diesem Moment nehmen wir alle Hoffnung die wir haben und versuchen zu wachsen. Wir bekommen einen der schönsten Momente unseres Lebens geschenkt und eine der größten Chancen. Wir können stärker werden, als das was uns gestürzt hat. Wir können über unser altes Ich hinauswachsen. Wir können von uns Abschied nehmen und uns neu gestalten. Jede Pore eines selbstverständlichen Lebens mit neuem Leben auffüllen. Bis wir über und über der Schmetterling sind, der seinen Kokon verlassen kann. Der sich gar nicht mehr an die Raupe erinnern kann und sich gar nicht mehr vorstellen kann wie er so schwach leben konnte.

Wenn wir jeder Krise aufrecht und mit klarem Verstand entgegentreten, dann bietet dieses Leben uns unglaubliche Möglichkeiten des Wachstums. Bis wir irgendwann verstanden haben: Ganz unten am Boden des Brunnens zu sein, heißt nur, dass wir dort schon immer waren. Es bisher nur noch nicht wußten und nun jeder Schritt uns zu einem neuen Ich hinführt. Und jeder Schritt geht diesen endlosen Brunnenschacht hoch. Wir definieren uns neu und unsere Möglichkeiten sind unendlich – wir müssen sie nur entdecken.

Und dann sind wir neu. Und wir können nie mehr zurück. Die Welt hat sich verändert. Zum ersten Mal wirklich. Und erst wenn wir die Krise verlassen haben, merken wir, dass wir wieder ein normales Leben beginnen. Mit neuen Verpflichtungen, neuen Freuden als neuer Mensch.

Und manchmal, manchmal, wenn es dunkel ist und die Welt ganz steht während sich das Universum still weiterdreht, denken wir an den Punkt zurück an dem wir alles entscheiden durften. Und sehnen uns die Krise noch einmal herbei, denn wir fühlen, dass wir in diesem Moment wirklich gelebt haben und so stark sein mussten, wie wir nur sein konnten. Und das war hoffentlich stark genug.

von 1000sunny Veröffentlicht in Allgemein

Krieg ich einen Preis…?

Endlich kommt mal wieder ein Post über Unschooling… 🙂

Wir haben jetzt Rosetta Stone Französisch. Denn es wäre schon blöd in Frankreich zu sein und die Gelegenheit nicht zu nutzen auch Französisch zu lernen…. das wäre so richtig Un-Unschoolisch 🙂

Auf jeden Fall ist Chopper so motiviert und Nami auch, dass jetzt alle (schon seit einer Stunde) vor dem Computer sitzen und eine Lektion nach der anderen machen. Sogar der kleine Sanji will immer wieder eine machen… wobei ich es eigentlich gut fände, wenn er bald einschläft. Aber ich will keinen Lernenden im Flow stören 🙂

Vor allem, wenn sie morgen ja sowieso ausschlafen können, während für die ganzen Schulis morgen wieder der graue Alltag beginnt.

Vorher fragte Chopper, ob er einen Preis bekommt, wenn er alles durch hat… wenn er das ganze Rosetta Stone also durch hat. Und ich habe ihn mit großen Augen angeschaut und feierlich gesagt, ja, er bekommt sogar einen ganz tollen Preis…. nämlich, dass er dann rausgehen kann auf die Straße und jedes Wort Französisch verstehen kann… und sogar französisch sprechen kann.

(Das ist eigentlich so der Kern meiner Bildungsphilosophie, man lernt um die Dinge dann zu verstehen. Das ist die Belohnung und fertig).

Er fand das ganz faszinierend und konnte es gar nicht glauben…. nun ja … jetzt lernt er immer noch… 🙂

Intensive Momente

Mummy 1000Sunny

Immer wieder kommen sie, die Erinnerungen an die Lily, und der Wunsch, sie wäre bei uns.

Meistens ist es Nami, die sich wünscht Lily wäre hier. Mal ist es einfach nur ein Seufzen, mal kommen die Tränen.

Gestern war es Sanji. Er wird im Februar 3 Jahre alt, und ich war davon ausgegangen, dass Lily sehr schnell aus Sanjis Bewusstsein verblassen würde. Sicher, er würde wissen, dass Lily unser Baby war, und dass sie nicht bei uns ist, aber ich dachte, das wären alles für ihn recht nüchterne Fakten, nicht mit Schmerz oder Sehnsucht verbunden.

Als er neben mir im Bett lag, trat er fast in meinen Bauch, und kommentierte damit, dass er das ja nicht sollte, da wäre mein Autschi.

Weil die Lily da drin gewesen ist, und dann dort herauskommen musste.

Wo ist die Lily? Auf diese Frage entwickelte sich ein wirklich intensives Gespräch.

Ich meinte, dass das, was von ihr noch übrig ist, in der Urne ist, die neben dem Bett steht. Dass sie zwar nicht mit uns aufwachsen kann, so wie Sanji es kann, aber dass sie dennoch in der Familie ist, in unseren Herzen, und in unseren Gedanken. Dass er ihr großer Bruder ist.

„Aber ich will sie tragen! Hier!“ und zeigte auf seine Brust. Er war wirklich erschüttert, dass er sie nicht herum tragen kann.

Als er sich wieder beruhigt hatte, sagte er er würde aber schon mit uns allen aufwachsen. Er ist ja nicht die Lily, sondern der Sanji. Dann wollte er Lily sehen. Ich schlug vor, die Bilder anzuschauen, die ich im Krankenhaus von ihr gemacht habe. Mir selber fällt es schwer, die Fotos an zu schauen. Auf ihnen sehe ich erst, wie krank sie eigentlich war, wie weit fortgeschritten die Wassereinlagerungen waren. In echt habe ich das nicht gesehen. In echt war sie einfach nur mein wunderschönes Mädchen.

Aber Sanji gefallen die Fotos. Er freut sich, seine Schwester wenigstens so anschauen zu können, die kleinen Details zu sehen.  Er holt die Urne, und will sie aufmachen, um Lily dort zu sehen (was nicht geht, der Deckel ist fest geklebt. Für alle, sich jetzt Gedanken machen.)

Er meint, er hat auch eine Lily in seinem Bauch gehabt. Die ist jetzt nicht mehr dort. Wo ist meine Lily, Mama? Ich sage, vielleicht ist sie zusammen mit unserer Lily, der Lily, die in meinem Bauch gewachsen ist. Mittlerweile sprechen auch Nami und Chopper im anderen Zimmer mit Papa 1000Sunny über Lily.

Dann nimmt Sanji noch die Urne, trägt sie rüber ins andere Zimmer, setzt sich mit ihr zu den anderen dazu, und kuschelt sich dann nach einiger Zeit mit der Urne im Arm neben mich ins Bett. Er sagt mir noch, dass Lily gar nicht in der Urne ist, sie wäre viel zu groß dafür. Lily ist in Karlsruhe.

Ich versuche diesen Schritt auch noch zu erklären, aber da habe ich sogar bei den großen Kindern Schwierigkeiten. Die Vorstellung macht ihnen zuviel Angst. Also lasse ich es bei einem Versuch. Sanji hat sowieso entschieden, dass da Blumen drin sind.

 

Lily besuchen

In manchen Momenten nehme ich mir Zeit Lily zu besuchen. Heute war so ein Moment. Ich habe alles ausgeblendet und bin dann in Gedanken ganz zu ihr hingegangen. Ich habe die gemeinsamen Augenblicke noch einmal gefühlt… gefühlt wie ich sie in ihrem Weidenkörbchen über den Krankenhaushof getragen habe und ihr die Sonne zeigte. Aber auch Momente, die es nicht gab, aber hätte geben können. Manchmal stelle ich mir vor, wie ich mit ihr an der Hand die Treppen der Arbeit hochlaufe… wir laufen ganz schnell und nehmen immer zwei Stufen auf einmal. Dabei muss man beachten, dass noch nie eines der Kinder in meiner Arbeit war… ich weiß gar nicht ob das erlaubt ist.

In diesen Momenten kommen mir Tränen und ich freue mich irgendwie. Aber es schwingt auch manchmal eine kleine Spitze mit. Eine Anklage, dass ich ihr Vater bin und meiner Pflicht nicht nachgekommen bin. Das ist zwar nicht heftig, aber es geht tief und ich will das nicht ausblenden, denn ich fühle es so und ich denke das ist durchaus legitim. Dann wird ihr Tod zu einem Horrorszenario und das tote Baby wird so echt. Das dauert immer nur kurz und ich „ergebe“ mich total der Anklage.

Heute hat zu mir ein Freund gesagt, dass ich mich davon nicht fertigmachen lassen soll, er meinte, so etwas kann ganz tief gehen und dort wo Lily jetzt ist klagt sie mich nicht an, sondern ist glücklich. Das mag alles sein, und er hat bestimmt recht, dass Selbstvorwürfe sehr schlimm werden können und pathologisch werden können und das alles. Aber es ist der Gedanke der neben all den anderen steht und neben all den anderen „schönen“ Gedanken mit Lily an Lily. Vielleicht ist sie auch da glücklich, wo sie jetzt ist. Ich weiß es nicht. Aber selbst wenn sie an dem schlimmsten Platz wäre, so würde ich nach meinem Tod, wohl dort auch hingehen wollen. Es macht mich nicht fertig, Schmerz und Freude sind einfach nah beieinander. Ivan Illich hatte das schöne Bild, dass in jedem Weizenfeld auch eine Mohnblume wächst – das erste um das Leben zu ermöglichen und das zweite um Schmerzen zu lindern oder sanft in den Tod zu gehen.

Meine kleine Lily, manchmal strecke ich (in Gedanken) meine Hand zu Dir aus. Und ich sage Danke. Ich hätte sie lieber bei mir. Aber das ist nicht so. Und ich sage: Es tut mir Leid – zu ihr. Die Anklage wird leiser werden über die Jahre und die Freude mehr. Da bin ich mir mittlerweile sicher…

Es gibt nach 6 Monaten noch einmal eine „Nachseelsorge“-Möglichkeit. Da scheinen die meisten Eltern – in dieser Situation –  noch einmal richtig zu leiden. Am Anfang habe ich immer darauf gewartet, dass ich richtig zusammenbreche, dass ich es richtig realisiere… ich nannte es den Drachen, der sich hinter der Tür versteckt. Jetzt ist es einen Monat und 2 Tage her… und es geht mir ganz gut damit. Nur der Gedanke, dass sie für immer weg ist fühlt sich an, als ob einem eine Abrißbirne in den Rücken drückt.

Wenn ich an Lily denke sage ich am Ende nicht Ciao, sondern „Bis dann“. Wenn diese Momente dann vorbei sind, lache ich wieder ganz normal … nur mit Tränen in den Augen.

Und dann denke ich auch, warum ich so nicht an meine Kinder denke, die leben. Aber die sehe ich ja auch sehr oft. Das macht mich glücklich und dann bin ich wirklich bei ihnen. Und ich umarme sie gleich doppelt und dreifach und vierfach… denn alles ist so flüchtig und sie sollen wissen, dass ich immer bei ihnen bin, sie liebe und immer für sie da bin. Meine Lektion an der ich arbeite ist, dass ich das was ich habe so sehr schätzen will, wie das was ich verloren habe.